Siegfried Weinberg geboren am 15. 9. 1885, und Frieda Weinberg, geb. Stern, geboren am 25. 4. 1896, hatten ihr Wohnhaus und ihren Pferdehandel mit Stallungen in der Hauptstraße 91. Siegfried stammt aus einer in Warburg tief verwurzelten Familie. Familie Weinberg lebte Anfang des 20, Jahrhunderts bereits in 5. Generation in Warburg.
Das Ehepaar Weinberg hatte zwei Söhne, Salomon-Julius, geboren am 30. 10. 1921 und Erich, geboren am 16. 12. 1923. Julius Weinberg musste das Gymnasium Marianum verlassen, weil er Jude war. Erich besuchte nach der Schließung der jüdischen Schule die Katholische Volksschule, die ganz nah bei seinem Elternhaus gelegen war, heute Graf-Dodiko-Grundschule. Er besuchte dort die 4. Klasse und hatte eine schwere Zeit. Keiner seiner Mitschüler wollte neben ihm sitzen. Nach dem Klassenwechsel in die 5. Klasse bekam er einen Lehrer, der ihn systematisch ausgrenzte und lächerlich machte. Erich musste die Schule in der 7. Klasse verlassen und hatte auf dem Abschlusszeugnis in fast allen Fächern die Note ungenügend, obwohl er klug war.
Während der Reichspogromnacht 1938 hatten die Weinbergs besonders zu leiden. Neben der Zerstörung ihrer Wohnung befahl ein Lehrer der Katholischen Volksschule am nächsten Tag seinen Schülern am Hause Weinberg vorbeizugehen und dabei den aus dem Fenster lehnenden Siegfried Weinberg anzuspucken.
Am 13. 12. 1941 wurde die Familie Weinberg mit beiden Söhnen nach Riga deportiert. Salomon Julius Weinberg starb in Riga an Typhus, sein Vater Siegfried wurde in Riga erschossen, die Mutter Frieda Weinberg wurde auch nach Riga deportiert und am 1. 10. 44 im Konzentrationslager Stutthof ermordet.
Erich Weinberg überlebte als einziges Familienmitglied und kehrte 1947 nach Warburg zurück. Er zog
wieder in
sein elterliches Haus und heiratete 1960 seine Frau Wilma, geb. Hahn.
Siegfried und Wilma Weinberg hatten drei Kinder, Waltraud Weinberg, Siegfried Weinberg und Joachim
Weinberg.
Bis 1965 betrieb Erich im elterlichen Betrieb wieder einen Pferdehandel. Er konnte sehr ungehalten
werden,
wenn er in der Stadt Leuten begegnete, die als Nazis Juden drangsaliert hatten und nicht zur
Rechenschaft
gezogen worden waren, besonders wenn sie wieder hohe Ämter im öffentlichen Leben der Stadt bekleideten.
Er
sagte als Zeuge gegen den ehemaligen Bürgermeister Schlötel aus und war wichtiger Zeuge in weiteren
Prozessen gegen Nazis.
Er erlebte mit seiner Frau eine unvergessliche Kreuzfahrt auf der Shalom im Mittelmeer. Im Rahmen dieser
Reise verbrachten die Weinbergs drei Wochen in Israel. Katholische Ordensschwestern versorgten während
dieser Zeit die Kinder.
Wilma Weinberg war die 2. Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde Paderborn. Ihre Beerdigung 2010 war
die letzte Grablegung auf dem jüdischen Friedhof der Stadt.
Metha Böhm geb. 1885 in Warburg war die Hauptverkäuferin und Kassiererin bei Block und Berg, dem
angesehenen
Kaufhaus in der Hauptstraße 1.
Sie war eine feine Dame und konnte sehr einfühlsam mit Kunden umgehen. Jeder schätzte ihren
fachmännischen
Rat in Bekleidungsfragen.
Im Ruhestand wurde ihr von den Nazis sogar ihre Rente verweigert, da sie als Jüdin keinen Anspruch
darauf
habe. Sie war praktisch mittellos. So wohnte sie zuletzt bei Familie Weinberg. Sie wurde von ihnen
als
Hausdame eingestellt. Am 13. 12. 1941 wurde sie gemeinsam mit Familie Weinberg nach Riga deportiert.
Sie
wurde dort ermordet.
Bella Wolf wurde 1885 in Rendsburg geboren.
Sie arbeitete zunächst als Hausdame im Privathaus der Familie Block, den Mitbesitzern des Kaufhauses
Block und Berg. Ab 1939 wurde sie Haushälterin bei Familie Weinberg, da Familie Block nach Italien
emigrierte. Sie wurde mit Metha Böhm und Familie Weinberg am 13. 12. 1941 nach Riga deportiert und
starb
dort kurz nach der Ankunft an den Folgen der unmenschlichen Transportbedingungen in den Güterzügen
am
16. 12. 1941.